Fragen an das rote Sofa - EJKW 2008

Fragen an das rote Sofa

Fragen: 

  1. Welche Herausforderungen sehen Sie für christliche und muslimische Jugendliche in Westfalen und der Welt, die angepackt werden müssen? Welche Herausforderungen werden international und in der Ökumene formuliert?
  2. Welche Bedeutung haben die Religionen für die Jugendlichen? Welche Rolle spielen sie für das Zusammenlebenlernen?
  3. Welche Aufgaben sehen sie für Jugendliche? Wie sollten die Erwachsenen die Jugendlichen unterstützen? Was tun Sie um Jugendlichen Begegnung, Dialog und Verantwortung für das gemeinsame Leben zu ermöglichen?

 

(Zusammenfassung der Voten durch Thomas Dreessen)

  

Thomas Kufen

Integrationsbeauftragter der LaReg NRW 

Diese Diskussion hier ist für den Zusammenhalt der Gesellschaft sehr wichtig. Jugendliche sind am tolerantesten und verbindlichsten in Toleranz.

1.      Das Miteinander verschiedener Kulturen und Religionen ist im Zeitalter der Globalisierung auch weltweit im Zunehmen. Der interreligiöse Dialog über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg ist daher ganz einfach unerlässlich. Die religiöse Vielfalt in Deutschland, die zum größten Teil ein Ergebnis der Zuwanderung ist, hat nicht nur eine Pluralisierung, sondern auch eine Intensivierung der Religion mit sich gebracht. Diese Pluralisierung der Gesellschaft müssen wir nicht als Bedrohung, sondern als Chance und Ressource für unsere im Zeitalter der Globalisierung lebende Gesellschaft betrachten. Dies ist nicht nur angesichts der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland wichtig, sondern vor allem in Hinblick auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer Welt, in der interreligiöse Konflikte das Zusammenleben vieler Orts beeinträchtigen.

2.      Jugendliche spielen eine entscheidende Rolle für das friedliche und kooperative Zusammenleben der Menschen unterschiedlicher Kulturen. Der Dialog der Kulturen wird daher langfristig nur erfolgreich sein, wenn es uns gelingt die Jugend aktiv einzubeziehen. Wenn wir wollen, dass Jugendliche und junge Menschen von heute später auch tolerante, offene und aktive Bürgerinnen und Bürger werden, kommt es entscheidend darauf an, dass sie schon in jungen Jahren einen Einstieg in das gesellschaftliche Engagement bzw. in den interreligiösen Dialog finden. Das Thema Religion ist besonders wichtig für Junge Migranten und ihre Suche nach Identität. ...Wer bin ich und wer bin ich nicht?!

3.      Es sind die Erwachsenen, die den "Interreligiösen Dialog" und die Wertschätzung anderer Glaubensvorstellung vorleben müssen. Sie müssen bereit sein, sich auf Neues einzulassen, sich zu öffnen. Kinder und Jugendliche brauchen nämlich Vorbilder! Bürgerschaftliches Engagement ist nötig. - Deutsche sind keine Veränderungsweltmeister/Bsp: 1991 Umfrage: Ergebnis größte Angst ist Veränderung der Postleitzahl. Alle müssen lernen Veränderung als Chance zu begreifen.

 

 

Lamya Kaddor (M.A.)

1978 in Ahlen geboren. Die studierte Erziehungs- und Islamwissenschaftlerin lehrte islamische Religionspädagogik an der Universität Münster

Sie wird vielfach als Expertin in die Medien eingeladen. Neben zahlreichen Veröffentlichungen hat Lamya Kaddor auch einen »Koran für Kinder und Erwachsene« verfasst.

Zu 1)  In was für einer Gesellschaft wollen wir leben!? Ich will selbstverständlich in einer Gesellschaft mit kultureller Vielfalt leben. Unser Hauptproblem: Ständig suchen wir nach den Schwächen der anderen. Ich frage die Evangelische Jugend: Und was haben Sie darin getan?

Anderssein ist kein Mangel. Ich erwarte Respekt vor meiner arabischen und meiner deutschen Art. Beides gehört zu mir.

Zu 2) Es ist wichtig zu wissen, dass es verschiedene Antworten von (a)deutschen und (b)nichtdeutschstämmigen Muslimen gibt. Sind die ersten eher individualistische  Weltbürger und erst in zweiter oder dritter Linie Muslim, so sind die zweiten eher zuerst Muslim, dann identifizieren sie sich mit ihrem Abstammungsland und sind auch noch deutsch.

Die Bertelsmannstudie zur Religiosität sagt aber aktuell: 90% aller Muslime in Deutschland verstehen sich selber als tolerant. Das ist doch ein gutes Zeichen für unser Zusammenleben.

Zu 3) Islamische Religion soll ordentliches Unterrichtsfach an deutschen Schulen werden! Doch so einfach das klingen mag, die Umsetzung wird schwierig - schließlich kommt man seit Jahren nur sehr mühsam voran; die Gründe dafür seien einmal dahingestellt. Aber seitens des Landes sollte wirklich alles getan werden, um Muslimen endlich die Möglichkeit zu geben, sich auf der Basis der Grundordnung zu organisieren. Betrachte ich das ganze aus der Sicht einer hier geborenen, gläubigen Muslimin, bin ich enttäuscht und verwundert, warum man Generationen nicht die Möglichkeit gegeben hat, ihren Glauben, der für sie identitätsstiftend ist, kennen zu lernen. Muslime sind auch »Bürger« dieses Landes.

  

Sarah Becker

westfälische Delegierte, Interreligiöse Konsultation Malang, Indonesien 2007

Sarah Becker stammt aus Espelkamp in Ostwestfalen. Sie ist als Jugenddelegierte der deutschen Regionalversammlung der VEM(Vereinte evangelische Mission) 2007 für eine Woche nach Malang in Indonesien gereist zur Interreligiösen Jugend Konsultation der VEM. 

Zu 1) „...Was habe ich von dieser Woche mitgenommen? Ich möchte euch nun die Leitsätze vorstellen, die wir gemeinsam in Indonesien aufgestellt haben. Ich glaube, dass diese Sätze zeigen, welchen Herausforderungen sich Jugendliche stellen müssen, um einen Interreligiösen Dialog erfolgreich zu führen. 

  • Diskriminierung und Gewalt sind inakzeptabel!
  • Sei offen für Neues und akzeptiere die Unterschiede!
  • Versuche dein Gegenüber zu verstehen und respektiere seine Meinung!
  • Sei dir selbst treu!
  • Sei aufgeschlossen und vorurteilsfrei!
  • Eure Ziele sollten realistisch und im Sinne aller definiert werden!
  • Eure Ziele sollten anhand der jeweiligen Umstände der Jugendlichen festgelegt werden!

Darüber hinaus haben wir auch eine Reihe von Methoden zusammengestellt, die zu einem guten Gelingen beitragen:

  • Gute Vorbereitung, kompetente Mitarbeiter
  • Möglichst religiöse Orte als Treffpunkt vermeiden
  • Gemeinsame Interessen für den IRD(interreligiösen Dialog) nutzen (Sport, Musik, etc.)
  • Gemeinsamkeiten und Unterschiede suchen und darüber sprechen
  • Sprachliche und kulturelle Barrieren überwinden

Zu 2) Mir ist in Indonesien auch klar geworden, dass der Glaube, unabhängig von der Religion, den Jugendlichen immer wichtiger wird. In unserer heutigen hektischen und großen Welt suchen wir nach einem Ruhepunkt, nach Gesellschaft und Geborgenheit. Das finden wir häufig in religiösen Gemeinschaften.

Für unser heutiges Zusammenleben, in einem Land wie Deutschland, in dem viele Menschen verschiedenster Religionen zusammen leben, bedeutet das für mich, dass wir diese Schutzräume für Jugendliche bewahren und sie vor Streit, Vorurteilen und Kritik schützen müssen.

Zu 3) Zum Schluss möchte ich euch ein paar Ideen vorstellen, die in Indonesien entstanden sind, um den Interreligiösen Dialog zu fördern. Die Vereinte Evangelische Mission wird versuchen diese Projekte in den kommenden Jahren umzusetzen. 

  • Interreligiöse Wohngemeinschaften
  • Gemeinsame Sport-Veranstaltungen
  • Aufklärung in Kindergärten und Schulen „Youth and children as Peacemakers", um Vorurteile gar nicht erst entstehen zu lassen
  • Informationsabende über die verschiedenen Religionen gestaltet von Jugendlichen für Jugendliche
  • Live-Ins, sowie mein Tag im buddhistischen Kloster (z.B. in Familien, kirchlichen Schulen, usw.)
  • Und vieles mehr

Ich hoffe sehr, dass ich euch in diesem kurzen Statement zeigen konnte, welche Erfahrungen ich mit Jugendlichen anderer Religionen gemacht habe  und was meiner Meinung nach für den Interreligiösen Dialog wichtig ist."

  

Ahmet Aweimer

Dialogbeauftragter des Zentralrates der Muslime in Deutschland.
Wurde 1954 in Palästina geboren. Er lebt heute in Bochum und Dortmund.

Erst durch die Flucht nach Deutschland wuchs in ihm die Frage nach seiner Religion dem Islam. Er studierte dann Islamwissenschaften und ist heute ehrenamtlich als Imam(Vorbeter), Dialogbeauftragter des Zentralrates der Muslime in Deutschland tätig. Er hat zusammen mit der VEM-Jugend (s.Sarah Becker) die christlich-muslimische Jugendbegegnung  auf dem Kirchentag 2007 in Köln organisiert.

Stichworte aus seinem Statement:

Zu 1. Jugendliche müssen heute gemeinsame Werte gemeinsam suchen. Der Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit ist Herausforderung für Jugend von heute, damit Sie morgen in Frieden leben können.

Zu 2. Bibel und Koran stehen im absoluten Widerspruch zu dem Augenverschließen vor dem Hunger, unter dem heute große Teile des Menschengeschlechtes leiden.

Zu 3. Wir Erwachsene müssen die Politik erneuern. Dialog ist eine Zukunftsaufgabe. Nötig sind         
a) Prävention
b) eine Streitkultur
c) eine Überwindung der Angstglocke

  

Mehmet Soyhun, M.A.

Dialogbeauftragter von DITIB Deutschland, Mitarbeit am Aufbau der Stiftungsprofessur Islam in Frankfurt/M. Dialogbeauftragter des Generalkonsulats Essen( Reg.Bezirk Arnsberg + Essen+Siegen).

Wurde in Dortmund 1974 geboren, besuchte dort Hauptschule und Gymansium, studierte islam. Theologie in der Türkei. 

Zu 1) Er sieht als Herausforderung für muslimische Jugendliche, dass sie meist als Clique unter sich sind. Der Andere darf nicht als Gegner oder Feind gesehen werden. Bei der Entstehung dieses Bildes dürfe man aber die Verantwortung der Medien nicht unterschätzen.

Zu 2) Identität muß in der eigenen Kultur gegründet sein und nicht aus Abgrenzung von anderen gewonnen werden. - Professor Hans Küng habe recht mit seiner Feststellung: Kein Friede ohne Friede der Religionen (Projekt Weltethos). Damit dieser Friede ausgesprochen wird und trägt, müssen Geschichte und Medien bearbeitet werden. Religion ist für Jugendliche wichtiger als es lange gedacht wurde. Sie sind religiöser als gedacht!

Fazit: Es geht darum sich selbst und den anderen kennenzulernen.

Zu 3) Erwachsene sollten der Jugend Verantwortung übertragen. Projektideen und Realisierungschancen sind erforderlich für den
a)Täglichen Dialog
b) Theologischen Dialog
c) Spirituellen Dialog

Beschluß der EJKW zum Jahresthema

 

Evangelische Jugendkonferenz Westfalen (EJKW ) 2008 

Beschluß zum Jahresthema: EJK - anders als Du glaubst. Mehr Dialog wagen jetzt! 

Die EJKW hat auf ihrer Tagung 2008 den Dialog mit Muslimen gemeinsam begonnen.

Wir haben erkannt, dass dieser Dialog zu den großen Aufgaben und Chancen unserer Zeit gehört, wie es unsere Kirche und der Ökumenische Rat der Kirchen festgestellt haben.

Wir unterstützen die westfälische Evangelische Initiative Mehr Dialog: jetzt. 

Wir wollen den Dialog zwischen christlichen und muslimischen Jugendlichen und ihren jeweiligen Strukturen gemeinsam fördern und gestalten

- um das alltägliche Zusammenleben zu verbessern im Sinne gegenseitigen und nachhaltigen Respekts

- Um unsere gemeinsame Verantwortung als Menschen aus verschiedenen Glaubensgemeinschaften für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung konkret zu gestalten

Monika Kahl
Tel.: 02304 - 755 - 180
Mail

Thomas Dreessen
Tel. 02304 - 755 - 182
Mail

Ansprechpartner im Amt für Jugendarbeit der EKvW