Coronafolgen für die Jugend

Schwere Last auf schmalen Schultern

Auswirkungen und Konsequenzen der Covid-19 Pandemie auf Kinder und Jugendliche und die evangelische Jugendarbeit

Die Wirtschaft, das Gesundheitssystem, die Gastronomie, das Bildungssystem, Kulturschaffende… Intensiv wird in den Medien über die belastende Situation und die teilweise dramatischen Konsequenzen in diesen Sektoren berichtet. Deutlich weniger ist von den dramatischen Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche zu hören. Zu Unrecht, denn die Belastungen die Kinder und Jugendliche während der Pandemie zu ertragen haben, sind tiefgreifender und folgenreicher, als zunächst angenommen.

Plötzlich war alles anders
Seit Mitte März 2020 hat sich das Leben für Kinder und Jugendliche in Deutschland dramatisch verändert. Schulen und Kitas wurden geschlossen. Dadurch war nur noch ein eingeschränkter Kontakt zu Freunden und Angehörigen möglich und auch die Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen fielen der Covid-19 Pandemie zum Opfer. Experten resümieren, dass es sich bei diesen Veränderungen um ein einschneidendes Lebensergebnis für Kinder und Jugendliche handelt. Dies untermauern aktuell sowohl internationale als auch nationale Studien.

Drastische Folgen
Die sogenannte COPSY Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf kommt zu folgenden Erkenntnissen:
71% der befragten Kinder und Jugendlichen im Alter von 11-17 Jahren stellen fest, dass sich ihre Lebensqualität verschlechtert hat. Dieser Wert hat sich im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie in etwa verdoppelt. Konkret erkennbar wird dies an psychischen Auffälligkeiten bei den jungen Menschen. Diese werden sichtbar beispielsweise durch Hyperaktivität (23,6%), Problemen mit Gleichaltrigen (21,7%) und emotionalen Verhaltensprobleme (19,2%). Darüber hinaus leiden Kinder und Jugendliche vermehrt unter psychosomatischen Beschwerden wie Gereiztheit, Einschlafproblemen, Kopfschmerzen, Niedergeschlagenheit, Nervosität und Rückenschmerzen. Häufig geht dies einher mit einem schlechteren Umgang mit der eigenen Gesundheit wie zum Beispiel dem erhöhten Konsum von Süßigkeiten (33%), der intensiveren Nutzung von digitalen Medien (68%) und weniger Bewegung.
Während des ersten Lockdowns ist darüber hinaus das Thema Schule für viele sehr dominant geworden. 65% der Kinder und Jugendlichen haben Schule und das Lernen anstrengender erlebt als vor dem ersten Lockdown. Ein Viertel der Kinder und Jugendlichen berichteten, dass sie häufiger streiten als vor der Krise und die Konflikte durchaus - laut Aussagen eines Drittels der Eltern - auch häufiger eskalieren.
Besonders betroffen sind junge Menschen aus Familien mit einem geringeren Maß an sozialen und ökonomischen Ressourcen. Kindern und Jugendliche aus stabileren Familiensystemen gelingt es in der Regel besser persönliche, familiäre und soziale Ressourcen zu nutzen, um für ihr seelisches Gleichgewicht zu sorgen.

Was kann getan werden?
Gleichermaßen, so stellen die Autoren der Studie „Kindsein und Corona“ des Deutschen Jugendinstituts fest, führen insbesondere die Mehrfachbelastungen auf Seiten der Eltern, insbesondere in Phasen des (Teil-) Lockdowns, die fehlenden Freiräume der Jugendlichen, jenseits des familiären Umfelds, die Reduktion der Freizeit- und Sportangebote sowie der Jugendarbeit insgesamt dazu, dass junge Menschen und ihre Familien vor exorbitante Herausforderungen gestellt werden. Letztere brauchen Entlastung und die Bedürfnisse der Kinder und Jugendliche müssen stärker in den Blickpunkt rücken. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt neben Beratung für Eltern und niedrigschwelligen Angeboten für Familien, die Entwicklung von Konzepten, die Freizeitangebote in Form von Jugendarbeit und Sport trotz allem ermöglichen.

Auch die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in NRW fordert mit der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft der Offenen Türen angepasste pädagogische Angebote aufrecht zu erhalten, beziehungsweise zu entwickeln statt Kontaktmöglichkeiten zu jungen Menschen zu verringern oder gar aufzugeben! Zudem sollten Begegnungen zwischen Kindern und Jugendlichen in einem verantwortungsvollen, alle Schutzmaßnahmen beachtenden, Rahmen ermöglicht werden, so die Gremien.

Demnach bleibt es auch die Aufgabe evangelischer Jugendarbeit die Interessen der Kinder und Jugendlichen hartnäckig im Blick zu behalten, aber keinesfalls leichtsinnig zu agieren, wenn weiter diskutiert wird, wie oder gar ob kirchliche Angebote für Kinder und Jugendliche unter Corona-Bedingungen stattfinden können.

Anja Lukas-Larsen und Silke Gütlich


Dazu:
Impulse der Traumapädagogik in Corona-Zeiten
von Sabine Haupt-Scherer