Ich war schon einmal in New York
Studienreise mit Menschen mit Behinderung nach NY
Das Schiff nähert sich der Insel. Elisabeth staunt und zückt ihren Fotoapparat so wie alle anderen Menschen auf dem Schiff. Denn das was in ihr Blickfeld rückt, ist die Freiheitsstatue. Für Elisabeth ist dieser Anblick etwas ganz besonderes. Kein Mensch aus ihrer Umgebung hätte je gedacht, dass sie wirklich einmal nach New York fliegt. Aber warum ist die Reise so besonders? Elisabeth gehört zu einer Gruppe von 16 Personen mit einer geistigen Behinderung, die sich aus ganz Nordrhein-Westfalen für die Studienreise nach New York City bei der Ev. Jugendbildungsstätte Nordwalde angemeldet haben.
Die Gruppe absolviert eigentlich das ganz normale Besichtigungsprogramm: Neben der Freiheitsstatue, Ellis Island stehen das Empire-State-Building, Brooklyn-Bridge, Central Park, Rockefeller Center, Staten Island, Chinatown und Little Italy auf dem Programm. Nur ist das Tempo etwas langsamer als üblich in der Weltstadt New York. Es dauert eben, bis alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Karten durch die Schleuse im Eingangsbereich der Subway geschoben haben, sehr zum Leidwesen vieler New Yorker.Aber am Ende sind sie stolz, wenn sie es alleine hinbekommen haben. Obwohl die meisten in der Reisegruppe keine englisch sprechen und auch nicht lesen können, ist eine Orientierung nicht so schwierig.: Man kennt schnell die Richtungen „ uptown/ downtown",weiss genau, wieviele Blöcke man von der 43. zur 47 Straße noch gehen muss, um endlich im Hotel anzukommen. Ja das Hotel finden sie alle toll. Markus aus Hilden schwärmt: „Hier fühle ich mich wie ein ganz normaler Tourist und das mitten im Herzen von New York, am Times-Square."
Also doch eine ganz normale Studienreise? „Eigentlich schon," erläutert Eva Beeres-Fischer , die seit Jahren für die Ev. Jugendbildungsstätte Nordwalde Studienreisen für Menschen mit einer geistigen Behinderung anbietet, „wäre nicht das Problem mit der Einreise gewesen." Weil die Teilnehmer und Teilnehmerinnen im Einreiseformular „behindert" ankreuzen müssen, werden etliche von ihnen herausgewinkt und müssen eine Frageprozedur in englisch über sich ergehen lassen. Lediglich die schriftliche Bestätigung der Reiseleitung Eva Beeres-Fischer, dass alle zu einer Gruppe gehören und begleitet werden und keiner als Sozialfall in den USA zurückbleiben wird, führt zu dem gewünschten Einreisestempel. Diese Erfahrung ist schmerzlich und diskriminierend zugleich, führt aber dazu, dass die Situation der ersten Einwanderer auf Ellis-Island auf einmal für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen gut nachvollziehbar ist.
Die ewig pulsierende Stadt hat alle in den Bann gezogen. Faszinierend betrachtet Christian aus Rheine die Leuchtreklamen, als die Gruppe am Abend mit einem offenen Doppeldeckerbus die Stadtrundfahrt macht. „ Es ist so ganz anders als alles, was ich sonst gesehen habe."
„ Hier ist Tag und Nacht was los, während zuhause abends die Bordsteine hochgeklappt werden", sagt Ulrich Hostnik. Er, Ingo und Robert haben eine ganz besondere Erinnerung an die Stadt mit nach Deutschland gebracht: eine grelle Jacke,jeweils ein Unikat aus dem M&M -Laden . Immer, wenn sie jetzt in ihren Heimatorten damit auf der Straße herumlaufen, können sie auf die Nachfrage, woher sie diese Jacke haben, antworten, aus NewYork: denn ich war schon einmal in New York.