Menschen mit Behinderung erleben mit der Jubi „die Schöne an der Seine“
Eine Studienfahrt für Menschen mit Behinderung der Ev. Jugendbildungsstätte Nordwalde (Jubi) ging in diesem Jahr nach Paris. Vom 7. bis zum 12. September erkundeten 28 Teilnehmende und neun Begleiterinnen und Begleiter die französische Hauptstadt. Auf dem Programm standen bedeutende Sehenswürdigkeiten wie der Eiffelturm, die Kathedrale Notre Dame und das Schloss Versailles. Die Erlebnisse der Fahrt fließen in einen inklusiven Reiseführer für Paris ein.
Es nieselt. Es ist kalt. Es ist Montag, 8 Uhr. Die Studienfahrt für Menschen mit Behinderung der Jubi startet am Morgen des 7. September 2015. Das Ziel: Paris! An der Eissporthalle Münster erwartet der Bus die Teilnehmenden. Einige haben sich schon um 6 Uhr auf den Weg gemacht, um pünktlich am Treffpunkt zu sein. Denn die Studienfahrten der Jubi sind weit über die Grenzen des Kirchenkreises beliebt. Angebote dieser Art gibt es nur sehr wenige in NRW.
Je näher Paris kommt, desto mehr lichtet sich das Wetter. Die ganze Woche über wird in Paris die Sonne scheinen. Erst am Tag der Rückfahrt fallen wieder erste Tropfen. Die Bedingungen für einen Städtetrip sind also ideal. Bei den 28 Teilnehmenden und ihren neun Begleiterinnen und Begleitern steigt die Vorfreude. Als der Bus schließlich vom Boulevard périphérique, der äußeren Ringautobahn um die Stadt, zu unserem Hotel abbiegt, ist schon das erste Mal der Eiffelturm zu sehen.
Der Eiffelturm ist die erste Sehenswürdigkeit, die auf dem Programm steht. Der Bus, der die Gruppe die ganze Woche begleitet, kann direkt am Turm parken. „Ich will da rauf und die Aussicht genießen“, hatte Teilnehmer Markus Liedtke schon während einer Pause auf der Hinfahrt angekündigt, „ich bin mal gespannt, ob das mit meinem Rollstuhl geht.“ Markus Liedtke nutzt für die meisten Strecken einen Rollstuhl, kurze Wege oder eine Treppe schafft er aber mit Unterstützung auch ohne. Sein Wunsch geht in Erfüllung: Mit dem Fahrstuhl können die Teilnehmenden, die möchten, bis zur zweiten Aussichtsplattform fahren. Ganz bis in die Spitze können Rollstuhlfahrer aus Sicherheitsgründen leider nicht fahren. Aber auch von hier ist die Aussicht beeindruckend.
Ein weiteres Highlight ist am Donnerstag der Ausflug zum Schloss Versailles, etwas außerhalb von Paris. Sehr anstrengend ist es dort allerdings: Viele Touristen aus allen Teilen der Erde schieben sich durch die Flure. Die Teilnehmenden haben kaum Zeit, sich die Ausstellungsstücke in Ruhe anzusehen. Nur im berühmten Spiegelsaal von Versailles ist Platz. Besonders voll ist es vor dem Bett von Ludwig XIV., das hinter einer Absperrung zu sehen ist. „Kann ich mich einmal in das Bett legen?“ fragt Teilnehmerin Rebecca Roesch. Die junge Frau ist blind. Sie möchte das Ausstellungsstück gern aus der Nähe erleben. Das geht aber leider nicht, deshalb beschreibt ihr eine Mitarbeiterin den Raum und die Einrichtung ganz genau. Die Marmorsäulen kann sie dann auch ertasten und fühlt den kühlen Stein.
Beim Picknick im makellosen, riesigen Barockgarten des Schlosses erklärt die Reiseführerin hinterher, dass es trotz des Gedränges ein ziemlich ruhiger Tag in Versailles war.
Markus Liedtke und Rebecca Roesch sind zwei der fünf Teilnehmenden, deren Erlebnisse in Paris in den inklusiven Reiseführer einfließen, der auf der Fahrt entstanden ist.
Das Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche in Westfalen wird das Buch herausgeben. Es wird im Frühjahr 2016 erscheinen. Die Idee dafür gibt es schon länger: Jedes Jahr erstellen die Mitarbeitenden der Studienfahrten einen Schnellhefter mit Informationen über Geographie, Geschichte und Sehenswürdigkeiten des Reiseziels – und zwar in leichter Sprache. Zwischen Reiseführern für Kinder und den gewohnten Reiseführern gibt es am Markt kein Angebot, das sich an Menschen wendet, die lieber in leichter Sprache lesen.
Wie bei den Studienfahrten der Jubi üblich, konnten die Daheimgebliebenen die Reise jeden Tag im Internet in einem aktuellen Blog verfolgen. Dort stellen die Mitarbeitenden jeden Tag Fotos, Videos und Texte von der Reise ein. Unter www.inklusioninparis.blogspot.com sind die täglichen Reiseberichte weiter online.
Svenja Hoffmann