Zertifizierung 2020

14 neue Traumapädagoginnen und Traumapädagogen zertifiziert

„Es gibt Menschen, für die ihr den entscheidenden Unterschied macht in ihrem Leben!“ Unter diesem Wort von Ausbilderin Sabine Haupt-Scherer stand die Zertifizierung des Traumapädagogik-Weiterbildungskurses in Bielefeld am 15.9.2020. „Dein Corona-Kurs“ stand unter der Karte, die die 14 Kursteilnehmenden ihr am Ende überreichten. Und in der Tat: Corona hat diesen Kurs zu einem besonderen Kurs gemacht...

Denn dieser Kurs war anders: Schon das dritte Modul hatte unter den Vorzeichen des drohenden Lockdowns stattgefunden, die Inhalte des vierten Moduls mussten weitgehend digital vermittelt und die Abschlussprüfung und Zertifizierung in den Herbst verschoben werden. Nun hat es endlich doch live stattfinden können. Und in der Corona-Zeit wurde genau das aktiviert, worum es in dem Kurs ging: Existenzbedrohung, Angst, Stress sowie Beruhigung durch Zuwendung und Verbundenheit.

Zum 5. Mal hatten sich im Amt für Jugendarbeit 14 Teilnehmende in fünf Modulen mit Traumapädagogik auseinandergesetzt mit der Frage welche Veränderungen durch existentiell bedrohliche Beratungserfahrungen entstehen, die wir Traumata nennen, welche Folgen solch biographischer Schmerz für das Denken, Fühlen und Verhalten von Kindern und Jugendlichen hat und wie man sie unterstützen kann. Die Traumapädagogik hat sich in den letzten Jahren aus traumatherapeutischen Kontexten heraus entwickelt. Aus der Not heraus, da auch jenseits von Therapie mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen und ihren traumabasierten Verhaltensauffälligkeiten umgegangen werden muss. Traumapädagogik will helfen, traumatisierte Kinder und Jugendliche besser zu verstehen und angemessener zu begleiten. Sie hilft den Betroffenen, sich selbst besser zu verstehen und die eigenen Impulse wieder besser zu steuern. Stabilisierende, nährende und stärkende Ansätze der Pädagogik können dazu beitragen, biographischen Schmerz zu lindern und persönliches Wachstum zu fördern. „Auch wenn man das Geschehene nicht ungeschehen machen kann, und man nicht jeden retten kann (falls retten überhaupt das richtige Wort ist), so kann eine traumasensible Begleitung doch den entscheidenden Unterschied oder Wendepunkt in einem Leben darstellen. Dafür lohnt sich die Mühe, die so eine Weiterbildung auch ist“ so Sabine Haupt-Scherer.

Volker Kohlschmidt als Referent der Gewaltakademie Villigst, unter deren Dach dieser Kurs stattfand, sagte bei der Zertifizierung: „Traumapädagogik verändert den Blick auf den Menschen. Deshalb halte ich es für immens wichtig, Traumapädagogik in pädagogischen und theologischen Arbeitsfeldern zu verankern, besonders dort, wo mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet wird. So bin ich auch stolz, dass wir dieses Thema in der evangelischen Jugend bearbeiten und im Handlungsfeld Gewalt und Rassismus eingegliedert haben.“

Menschlichkeit entsteht in einem Gehirn, das die Chance hatte, sich auszuruhen und zu reifen – in einer Atmosphäre von Gewaltfreiheit, Sicherheit und Wertschätzung. Traumapädagogik ist zuerst eine Haltung, eine Haltung der Anerkennung von Wunden, Verhaltensauffälligkeiten und Schwierigkeiten – eine Haltung der Förderung von Sicherheit, Selbstverstehen und Selbstwirksamkeit. Sie ist darüber hinaus eine gesellschaftliche Bewegung für die Enttabuisierung von Gewalt und ihren Folgen, eine Bewegung für die Wertschätzung von Opfern und einen gesellschaftlichen Nachteilsausgleich. Sie beschreibt einen Begriff von Gerechtigkeit, der nicht darin besteht, dass alle das Gleiche bekommen, sondern dass jede und jeder das bekommt, was er oder sie braucht. 

Damit gehen 14 Teilnehmende nun engagiert in ihre Arbeitsfelder: Ev. Jugendarbeit, Trainings der Gewaltakademie, Schule, Förderschulen, Ausbildung für Lehrerinnen und Lehrer, Schulsozialarbeit, offenen Ganztag, Jobcenter und die Arbeit mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Und ihre ersten Erfahrungen zeigen: „Auch für uns macht es einen Unterschied!“. In manchen Arbeitsfeldern kommt täglich zur Anwendung, was sie gelernt haben, andere fühlen sich im Notfall besser aufgestellt. Und alle wollen dranbleiben, an einem Thema, das sie so schnell nicht mehr loslassen wird.

Teilnehmend des Kurses: Angelika Flach-Bossert, Maria-Rosa Groer, Miriam Hähnel, Lara Hillebrand, Marita Horst Marquardt, Katrin Klingebiel, Clara Kratzsch, Julia Peter, Dr. Stephanie Roos, Petra Ruprecht, Sebastian Schroeder, Heike Springenberg, Barbara Strumann und Christina Theuerkauf-Stolz.

Sabine Haupt-Scherer

Ansprechpartner im Amt für Jugendarbeit der EKvW

Sabine Haupt-Scherer
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33604 Bielefeld
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Jasmin Müller
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