Warum nicht einmal Afrika?
"Eine Reise nach Namibia ist das nicht purer Luxus?", diese und ähnliche Bemerkungen hörten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der inklusiven Studienreise im Vorfeld immer wieder. „Für mich ist es aber die einzige Möglichkeit, einmal nach Afrika zu kommen und etwas so Tolles zu erleben“, sagt die zwanzigjährige Janina. Janina ist eine junge Frau mit einer geistigen Behinderung, die für die Reise viel Geld gespart hat und in Namibia jeden Abend das Erlebte in ihr Tagebuch niederschreibt, um ja nichts zu vergessen.
Erlebnisse gibt es für sie und die anderen Teilnehmenden mit und ohne Behinderung täglich unglaublich viel. Die Wanderung durch die orangefarbenen Dünen der Namib sind Herausforderung und Faszination zugleich. Unterschiedliche Landschaften sind zu sehen, manchmal vier oder fünf verschiedene an einem Tag, eine beeindruckender als die Andere.
Unterwegs ist die Gruppe in Bustrucks auf den pads, den unbefestigten Schotterpisten. Während diese Touren für die Erwachsenen häufig gerade auszuhalten sind, erinnert die Rüttelei mit Bodenwellen die Jüngeren eher an Fahrgefährte bei der Kirmes und werden mit „Hallo“ bedacht.
Großen Eindruck hinterlassen die Begegnungen mit den Tieren bei allen Teilnehmenden. Schon auf dem Weg vom Flughafen zur ersten Unterkunft können Affen, Warzenschweine und Strauße beobachtet werden. Elefanten, Zebras, Giraffen, Springböcke, Impalas, Gnus und Kudus reihen sich im Laufe der Zeit ein, sowie die Pelikane, Robben, Flamingos, Komorane und Delfine an der Atlantikküste. “Ich möchte gerne einen Löwen sehen“. Dieser Wunsch wird Stefan dann im Etosha-Nationalpark erfüllt, als zwei Löwinnen zur Wasserstelle kommen.
Man spricht deutsch, nicht nur in Geschäften in Swakopmund, sondern auch in Windhoek. „Das ist schon komisch“, meint Ingo,“ wo man so lange nach Schwarzafrika geflogen ist“. Aber auch die Kolonialgeschichte über „Deutsch-Süd-West“ gehört zu dem Bildungsprogramm der Reise, so wie die Geschichte der Apartheid.
Das gemeinsame Tanzen und Singen mit Einheimischen in den unterschiedlichen Stationen ihrer Reise macht Spaß und animiert zum Mitmachen. Der Besuch einer Schule für Kinder mit Entwicklungsverzögerung und geistige Behinderung bringt viele ins Grübeln. „Hier haben die ja gar keine Klassenräume und sind ganz beengt, das ist aber schade“, bemerkt Katrin und erinnert sich an ihre Zeit in der Förderschule. „Aber witzig ist, dass das Material, mit dem sie hier arbeiten ganz ähnlich ist“.
Alle 40 Teilnehmer und Teilnehmerinnen dieser besonderen Studienreise werden zum Schluss von dem stellvertretenden Botschafter in Windhoek empfangen und können ihre Fragen bezüglich der Haltung der Bundesregierung zur Situation in Namibia loswerden. Hier wird genauso so wie während der gesamten Fahrt deutlich, dass es eine Gruppe wissbegieriger Deutscher ist, ohne die Kategorien Menschen mit und ohne Behinderung.
Alle haben viel erlebt. Sie werden lange und gerne daran zurückdenken. Alle haben sich angestrengt und sind an ihre Grenzen gegangen. Alle sind mit einem Lächeln der Erinnerung an die Schönheiten Namibias aus dem Flieger gestiegen. Schlussendlich waren damit alle Ängste vor Ebola, Tollwut und Malaria auch bei den Abholern verflogen.
Eva Beeres-Fischer