Unser Konzept
Spätestens seit 2010 rückte das Thema sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der öffentlichen wie der freien Jugendhilfe in den Fokus. Die Evangelische Jugend in NRW hat sich mit der Einführung des Bundeskinderschutzgesetzes 2012 in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen dazu verpflichtet, Schutzkonzepte zu erstellen. Diese beinhalten neben der Beschreibung von Maßnahmen zur Prävention sexualisierter Gewalt auch die Erarbeitung sexualpädagogischer Konzepte. Darüber hinaus werden seit 2021 die Kirchengesetze zum Schutz vor sexualisierter Gewalt [1] und das Landeskinderschutzgesetz NRW [2] verbindlich berücksichtigt.
Auf dieser Grundlage bringt die evangelische Jugendarbeit das Thema Sexuelle Bildung umfassend strukturell und pädagogisch voran. Bis in die praktische Arbeit vor Ort wuchs bei Trägern und Fachkräften zuletzt die Erkenntnis, dass im Gesamtgefüge der bisherigen Maßnahmen zur Prävention sexualisierter Gewalt weitergehende Themen der Sexuellen Bildung deutlich unterrepräsentiert sind. Daher hat die Evangelische Jugend in NRW hat die Sexuelle Bildung zu einer prioritären Aufgabe gemacht.
Wir verstehen die Prävention sexualisierter Gewalt als eng verbundenen Teil der Sexuellen Bildung. In diesem Handlungsfeld gilt es nun, alle Themen von Sexualität, Körper, Beziehungen und Identität zu bearbeiten. Wir verstehen Sexueller Bildung als einem lebenslangen Prozess der Selbstaneignung von Wissen und Kompetenzen im sexuellen Bereich durch jeden einzelnen Menschen. Dieser Prozess kann von Seiten der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nur pädagogisch begleitet werden.[3]
Die Selbstformung der sexuellen Identität einer Person wird durch lernförderliche Impulse unterstützt. Sexuelle Bildung geht also über präventive Kompetenzen hinaus. Ziel ist hier die individuell befriedigende und sozial verträgliche Entfaltung auf allen Persönlichkeitsebenen, in allen Lebensaltern.[4]
So wirkt Sexuelle Bildung im erweiterten Gewaltbegriff präventiv.
Das NRW-weite Handlungsfeld „Sexuelle Bildung“ bedient Anfragen aus der Offenen und der verbandlichen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und führt landesweite Maßnahmen durch.
Dieses strukturelle Vorgehen ist in der Form bislang einzigartig in der pädagogischen Praxis evangelischer Jugendarbeit. In den nächsten Jahren gilt es Verständnis und Haltung in der evangelischen Jugendarbeit in NRW weiterzuentwickeln, insbesondere mit Blick auf Themen wie Diversität, sexuelle Selbstbestimmung, Intersektionalität, Kultursensibilität und den christlich-religiösen Wertekanon.
Gemeinsame Triebfeder ist hierbei auch der Bildungsauftrag von Offener und Jugendverbandsarbeit, welcher Lebensrealitäten junger Menschen ganzheitlich betrachtet und reflektiert.
[1] KGSsG: www.kirchenrecht-westfalen.de/document/47664
[2] www.recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=20399&vd_back=N509&sg=0&menu=1
[3] Vgl. Heinz-Jürgen Voß, „Einführung in die Sexualpädagogik und Sexuelle Bildung“, S. 35
[4] Vgl. Renate-Berenike Schmidt, Uwe Sielert, „Handbuch Sexualpädagogik und Sexuelle Bildung“, S. 41