von Julia König
Einmal nach Israel reisen. Das wäre mein Traum…
Es war die schönste Zeit
Und manchmal gehen Träume in Erfüllung.
So packte ich am 1. Januar voller Vorfreude und großer Erwartungen meinen Rucksack. „Nach Israel? Was willst du denn da?“ „Ist das dort nicht gefährlich? Hast du nicht auch ein wenig Angst?“ Freunde und Familie reagierten skeptisch auf diese Reise und äußerten Bedenken und Angst.
Doch ich nahm mir nichts davon an. Die beiden Reiseleiter Hendrik Meisel und Julia Kreuch hatten beim Vorbereitungswochenende so viel Vorfreude und Begeisterung in mir entfacht. Und so saß ich am 2. Januar 2014 im Flugzeug nach Tel Aviv. :) Erschöpft und „geflasht“ von dem Flug und den ersten Eindrücken kamen wir nachmittags in unserer Unterkunft in Jerusalem an.
Direkt am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg in die Altstadt.
Der Weg zur Bushaltestelle war schon großartig. Die Sonne schien, Palmen standen am Straßenrand und überall begegneten uns interessante Menschen. Nach längerem Warten hatte ein Busfahrer Erbarmen und nahm uns mit, was bei einer so großen Gruppe nicht selbstverständlich war.
Der Bus war voller Muslime, die sich an diesem Freitag auf zum Tempelberg machten, um dort ihr Freitagsgebet zu halten. Gemeinsam mit ihnen passierten wir das große Jaffa-Tor und befanden uns dann mitten in Jerusalem.
Egal wo ich hinsah, ich war beeindruckt und begeistert. Diese Menschen, diese Gebäude, die kleinen Stände, die Leckereien einfach alles zog mich in den „Israel“-Bann.
„Ich kann es nicht glauben, dass wir wirklich hier sind. Ich kann es nicht glauben! Ich bin so glücklich.“ Diese Sätze benutzte ich in den ersten paar Stunden sehr inflationär, doch keine Worte konnten mein Glück und meine Zufriedenheit in diesem Moment wirklich ausdrücken. Die Bilder, die ich auf dem Weg zur Klagemauer schoss, sind alle verwackelt und unscharf. Keinen Moment wollte ich unaufmerksam sein, nichts wollte ich verpassen. Alle Gerüche, alle Farben, alle Worte, alles wollte ich in mich aufsaugen, um diese wunderbaren Momente niemals vergessen zu können. Ich denke, ja, das ist mir gelungen.
Nach diesem ersten „Flash“, um es in unserem „Israeljargon“ auszudrücken, ließ der zweite auch nicht lange auf sich warten. Da standen wir nun, unseren Blick auf die Klagemauer gerichtet . Ganz anders als ich es erwartet hatte, aber trotzdem fesselnd. Nicht diese heilige Atmosphäre, sondern Gruppen, die zusammen beteten, tanzten, sangen, weinten und lachten. Die scheinbar genauso glücklich waren wie ich, diesen Ort einmal in ihrem Leben besuchen zu können. Nebenher eilten orthodoxe Juden, mit ihren Hüten und Schläfenlocken, auf dem Weg zum Gebet. Überall am Rand standen Soldaten mit Gewähren. Ich sage euch, die Mischung macht´s.
Natürlich besuchten wir auch all die anderen heiligen Orte, wie die Grabeskirche und den Garten Getsemane, doch das waren für mich die beiden Highlights des ersten Tages (abgesehen, von diesem super leckeren Oliven-Taschen-Ding).
Ausgeruht und voller Tatendrang starteten wir in den zweiten Tag, welcher uns einen ersten Eindruck vom Westjordanland geben sollte. Zunächst waren wir alle doch etwas geschockt, so viel Müll und Verwahrlosung. Doch die Menschen mit ihrer offenen und herzlichen Art ließen einen schnell das Chaos drumherum vergessen.
Wir besuchten viele unterschiedliche Stationen. Vom Baum des Zachäus bis hin zum Qumran am Toten Meer und der Oase En Gedi. Das war wirklich ein wunderbarer Tag, an dem man auch dahinten richtig das Klima genießen konnte. :)
Natürlich gehört zu einem Besuch in Jerusalem, auch die Auseinandersetzung mit dem Thema Shoa. Am dritten Tag besuchten wir die Gedenkstätte Yad Vashem auf dem Mount Herzl.
Es ist schon ein beklemmendes Gefühl durch dieses Museum zu gehen. Man versucht as Leid der Menschen damals nachzuempfinden, und den Gesamtzusammenhang nur ansatzweise zu verstehen. Wie konnte so etwas passieren? Für uns alle, war der Besuch in dem Denkmal „Das Tal der Gemeinden“, am beeindruckendsten. Hohe Steinwände stehen hier, auf denen alle Gemeinden aufgelistet sind, die während der Shoa vernichtet wurden. Da stand ich dann in Israel, schaute auf diese große Steinmauer und das Erste, was mir in den Blick kam war dieses kleine Wort „Kamen“. Für manche mag es ein Name ohne Bedeutung sein. Für mich ist es meine Heimatgemeinde. Für andere war dies „Bielefeld“ oder „Bochum“. Für mich war es Kamen. In Kamen bin ich aufgewachsen und zur Schule gegangen. In Kamen habe ich gelernt, was Glauben für mich bedeutet. Und nun steht „Kamen“ auf dieser mächtigen Wand. Eine jüdische Gemeinde in meiner Heimat, die damals zerstört wurde und über dessen Existenz ich nicht Bescheid wusste. Und ganz plötzlich steckt man ganz tief drin, in der Wut und in dem Unverständnis gegenüber dem, was damals passiert ist.
Für uns war nach dem Besuch in Yad Vashem und zwei Zeitzeugengesprächen klar, wir müssen weitererzählen, was wir erfahren haben, und den Opfern der Shoa so unseren Respekt erweisen und dafür sorgen, dass so etwas niemals mehr passiert. Den Tag schlossen wir, wie fast jeden Tag, mit einer gemeinsamen Andacht, in der wir uns über die schweren Eindrücke dieses Tages austauschten. Am nächsten Tag wurden wir dann Zeuge der Lebensfreude der jungen jüdischen Generation. Wir besuchten den Machne Jehuda, einen Markt mit ganz vielen Leckereien, Obst, Gemüse, Gewürze, Tee und vielem mehr.
Mitten auf dem Markt wurde unsere Gruppe dann von israelischen Soldatinnen angesprochen. „Habt ihr nicht Lust mit uns zu tanzen?“ Und so tanzten und sangen wir gemeinsam mit israelischen Soldaten mitten auf dem Marktplatz und zogen einige verwunderte und belustigte Blicke auf uns. Aber vor allem denke ich, setzten wir auch ein Zeichen. Ein Zeichen für die Zukunft. Deutsche und Juden können gemeinsam singen und tanzen, Hand in Hand. Die Geschichte dürfen wir nicht vergessen, aber wir müssen zeigen, dass jetzt eine andere Zeit ist.
Dank unserer wunderbaren Reiseleitung, konnten wir auch den Konflikt zwischen Israel und Palästina noch einmal aus nächster Nähe erleben. Wir besuchten nämlich gemeinsam Bethlehem - die Stadt, in der die Geburtskirche Jesu steht. Verlässt man allerdings den touristischen Kern der Stadt, erkennt man schnell das wahre Gesicht: Müllberge, brennende Container und die Mauer. Eingeschüchtert und perplex standen wir vor der meterhohen Betonbarriere, die den Menschen in Palästina ein Leben in kompletter Freiheit nimmt.
Und wieder stellten sich uns einige Fragen. Israel-Palästina-Konflikt, wer sind denn hier nun die Opfer? Wer die Täter? Eine Antwort auf diese Fragen, muss jedoch jeder für sich ganz allein finden.
Ich habe für mich noch keine Antwort gefunden, aber durch diese Reise ist mein Interesse an den Zuständen und der Geschichte Israels und Palästinas gewachsen. Ich wurde durch Julia und Hendrik angesteckt, von dem Israelfieber. Seitdem ich heim bin, stapeln sich die Bücher auf meinem Nachttisch über Glauben, Palästina, Israel und ein Leben in Jerusalem. Ich möchte auf jeden Fall noch einmal zurückkehren, in dieses einzigartige Land um zu lernen, zu genießen und zu staunen.
Diese Reise war für mich ein perfekter Start in das neue Jahr.
Nicht nur dank der unglaublichen Gruppe, mit der ich diese Reise bestritten habe. Ich danke euch, für diese unglaubliche, unvergessliche und interessante Zeit. Ohne euch wäre es nicht das Gleiche gewesen! Ich habe bei dieser Reise für mich selbst so viel mitgenommen.
Neue Interessen, neue Sichtweisen, neue Eindrücke, aber auch meine Überzeugung Protestant zu sein wurde gestärkt. Einem jedem rate ich, dieses Land einmal selbst zu bereisen, um sich anstecken zu lassen vom „Israelfieber“.
Für mich bleibt nun nur noch Danke zu sagen:
Danke an unsere Reiseleitung, für die perfekte Organisation und die Erfüllung all unserer Wünsche. Danke perfektes Team, für jeden ernsthaften Augenblick und jeden lauten Lacher. Danke Gott, dass alle Zufälle für uns zusammen gespielt haben und wir das heilige Land besuchen konnte.
In diesem Sinne:
Wir sind nur einmal jung - auf nach Israel! :)